Bernhard von Clairvaux
Vor 900 Jahren hat Bernhard von Clairvaux in Europa einen Boom von Klostergründungen entfesselt.
Er selber hat von Clairvaux aus 50 neue große Zisterzienserabteien gegründe!
Bei der Aussendung einer neuen Brüderschar zu einer Klostergründung sprach Bernhard persönlich
im Kapitelsaal des Klosters (unten in einem der ersten Gründungen - Fontenay) folgenden Segensspruch.
Fontenay - Kapitelsaal (rechts zum Klaustrum, hinten zu Wärmesube und Schreibsaal)
Stichworte: Segensworte zum Abschied, Salve regina,
Reisesegen, Bernhard von Clairvaux, Marienverehrung,
aller Anfang ist schwer, Chamäleon des Jahrhunderts
Segensworte zum Abschied |
Kommentar |
Lass das Haus hinter dir, das dir lieb geworden, das dir Ort2 war für Glauben, Zweifel, Anbetung, das dir Stein war, an den du gestoßen bist, das dir Raum war, der dich kannte, Ort, der dich geborgen hat.
Bewahre im Herzen die Brüder3, die du kennst, die dich geliebt, geärgert, gesegnet haben, die Heiligmäßigen und die mäßig Heiligen, mit denen du viele Jahre Mann an Mann4 unter einem Dach geglaubt und gebetet, gearbeitet und geschwitzt, gegessen und getrunken hast.
Lass hinter dir5, was dich gefordert und getragen hat, die bekannten Gesichter, oft allzu bekannt, die Stimmen, die dich gestärkt und getröstet, die dich genervt und gelähmt haben. Der Herr ruft dich neu. Geh weiter, er sendet dich.
Lass den Prägestock der vergangenen Jahre hinter dir, der dir Kontur verliehen, Charakter, Einmaligkeit, der Reichtum deines Lebens6 war, auch wenn es manchmal schwerfiel.
Nun wirst du neue Menschen prägen. Grab dich auch in ihre Herzen7 wie in neuen Boden. Bete und glaube, suche den Herrn, wo er sich finden lässt.
Und denk daran, wo immer du dich niederlässt: ER IST SCHON DORT. Der dich getragen, geprägt, geführt und befreit: ER IST SCHON DORT. Der dich in Ungeahntes, Neues führt: ER IST SCHON DORT. |
1 Er sendet dich, dein Herr: nicht nur „ein bisschen“ oder „ich bin dann mal weg“, sondern der Herr beruft zur uneingeschränkten Lebensnachfolge.
2 Ort, Stein und Raum
3 Im Herzen die Brüder:
4 Mann an Mann, Kopf an Kopf:
5 Lass hinter dir vergangene Jahre, der Herr ruft dich neu:
6 Reichtum des Lebens: vergangene Jahre sind wie der bleibende Erdboden für die neue Saat und Frucht.
7 Grab dich in neue Herzen ein, dort findest du den Herrn – er ist schon dort!
Wer alt wird, ohne neue Herzen zu finden, wird kein reifer und vollendeter Mensch, sondern bleibt ein hässlicher Zwerg
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Bunt wie das Leben
Losfahren und neues Land suchen
Der Bub auf Vaters Schultern Der Bub sieht weiter als der Vater, aber nur weil dieser ihn trägt. In Vaters Fußstapfen braucht er dreimal so viel Schritte, aber in 50 Jahre wird es anders sein, da wird der Vater drei Schritte trippeln müssen für einen Hüftschwung des Sohnes. So wird die Stafette des Lebens weitergegeben.
Pubertät der Tochter „Ich bin kein Baby mehr, ich weiß selber, was zu tun ist!“ Und das Fräulein macht vieles anders, ganz neu, wie es selber will – wobei oft viel Sauerstoff gebraucht wird. Die Eltern hoffen und beten: „Kind, bewahre uns Eltern in deinem Herzen, und hoffentlich findest du auch den Herrn dort, wo du dich in neue Herzen gräbst.“
Hochzeit Dass die „hohe Zeit“ nicht als sorgloses Spiel oder stümperische Improvisation beginne, sondern mit Verantwortung für den Neubeginn – das ist der Wunsch aller Beteiligten. Die Brautleute könnten mit diesem Haussegen ins neue Heim einziehen: „Der Herr, der unsere Jahre mit Liebe und Frieden krönt, er ist schon dort!“
Lebensmitte „Lass hinter dir, was dich bisher in der Hitze des Lebens total gefordert hat. Suche dein Glück nur mehr dort, wo es sich finden lässt – nicht mehr so, wie nur du es willst.“ Du bringst nicht mehr viel auf deine Schaufel, lerne auszuwählen und das Wenige zu schätzen!
80 – nur so alt, wie ich mich fühle Der euch bisher getragen hat, er ist auch jetzt da, wo alle wissen, dass ihr über 80 seid. Ein altes Haus kann schön sein, aber auch brüchig und als alte Scheune sogar lichterloh brennen. Also Neubeginn in Würde!
Testament – und für das eigene Alter sorgen Ein Leben lang nach vorne blicken und aufbauen, das braucht viel Kraft. Dies zur rechten Zeit zu ordnen und in Gerechtigkeit und Frieden zu übergeben, ist noch schwerer, wie der letzte Anstieg auf einen Gipfel. Abschied nehmen – das ist wohl kaum einmal so schwer jetzt, und trotzdem so wichtig! Verpasst man den rechten Augenblick, wird es immer schwerer, und einmal sogar unmöglich.
Im Sterben – Todeskrankheit Loslassen und zurücklassen, es wagen „hinüber zu gehen“ – das war immer die ars moriendi der Mönche (Kunst zu sterben). Gott sei Dank bedrückt heute die Angst vor Gericht und Hölle weniger, aber der Schmerz, Abschied nehmen zu müssen, ist dafür größer geworden. Gerade im Sterben gilt aber: „Er, dein Heiland und Erlöser, ist schon dort!“
Alter Pfarrer „Vor deinen Augen, Herr, habe ich mich bemüht. Als Menschenfischer sind mir die Netze oft leer geblieben, doch du bist da bei mir, am leeren Strand.“
Advent – Neujahr Was alt wird, vergeht, in der Mitte der Nacht entsteht der neue Tag, das neue Jahr. Nicht nur für die Urmenschen war dies ein Erlebnis, sondern auch wir erfahren oft: „Wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein neues Licht daher.“
Franziskus mit 25 Nach seinem Streit mit dem Vater, dem er als Tuchhändler sogar seine Kleider vor die Füße warf: „Von nun an werde ich nicht mehr dich meinen Vater nennen. Ich kenne nur mehr den Vater im Himmel.“ Tragisch, doch gewiss achteten sich die beiden auf Abstand und in rechtem Maß.
Versöhnung Streit, Hass, Neid, Eifersucht begraben und einen Stein drauf tun, „auf dass Gegner sich die Hände reichen und Völker Wege zueinander suchen“ (Hochgebet). Beichte, das Sakrament der Versöhnung: wer fällt, steht wieder auf; wer gedrückt ins Beichtzimmer kommt, geht mit erhobenem Haupt davon. |
Fontenay Kreuzgang: links unten Kapitelsaal/Schreibstube,
links oben Schlafsaal (Fensterchen), rechts Küche (Kamine)
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