Begegnungen Mariens  

 

Begegnung Maria mit Elisabeth

Verkündigung an Maria und ihr Besuch bei der schwangeren Verwandten Elisabeth – welch schöne und intime Augenblicke im Leben der zwei Frauen! Der Engel Gabriel kommt hier sanft zu Maria, ihre Kleider berühren sich, der Engel schlägt seinen linken Flügel zurück – und übergibt einen Brief (!)  mit der himmlischen Botschaft. Maria war gerade beim Lesen – das deutet auf das späte Mittelalter hin. Vorher ist Maria immer beim Wolle spinnen, nachher hat sie oft ein ganzes Bücherbrett hinter sich. Gut passend die Kopf- und Handbewegung Mariens, halb erfreut, halb in Sorge: „Wie soll das geschehen?“

 

Der Ehemann der Elisabeth und zukünftige Vater Zacharias war durch die Ankündigung der Empfängnis des Johannes stumm geworden, wohl vor frommem Schreck und zu wenig Glauben – erst bei Namensgebung wurde seine Zunge gelöst und der sang zum ersten Mal das Benedictus („Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels“). Schon bei der Begegnung Mariens mit Elisabeth war die werdende Mutter Jesu in Jubel ausgebrochen und hatte das Magnifikat gesungen („Meine Seele preist die Größe des Herrn“). Morgens und abends erklingen täglich und weltweit diese beiden schönsten Lieder der Bibel im Stundengebet.

 

„Begegnung“  heißt das Fest vom 2. Februar in der Ostkirche, Begegnung Gottes mit seinem Volk Israel und der Kirche des neuen Bundes. Israel wurde nicht nur vertreten vom (Hohen) Priester im Tempel, sondern auch vom greisen Simeon und der Prophetin Hanna. Weil Jesus der erstgeborene Sohn der Familie war, gehörte er nach israelitischer Auffassung als Erstlingsgabe Gott – und musste durch das Taubenopfer „ausgelöst“ werden. Häufig wurde in den Dastellungen auch die Beschneidung Jesu nach jüdischem Gesetz schon am 8. Tag nach der Geburt wenigstens mit angedeutet.


 Andrea Mantegna, Darstellung im Tempel
 

Andrea Mantegna - Darstellung Jesu

Andrea Mantegna hat 1455 das nebenstehende Bild gemalt. Maria bringt ihren in Binden gewickelten Sohn zum Hohen Priester. Im Hintergrund sehen wir Josef und an den Seiten die leider sehr störenden Porträts: Andrea und Nicolosia Bellini – ihr Bruder Giovanni wird dasselbe Bild malen. Ein gemaltes Marmorfenster eröffnet einen illusorischen Raum, in dem die Figuren wie Statuen fest und sicher den kleinen Raum ausfüllen. Die biblischen Figuren tragen einen Heiligenschein und sind sehr realistisch gemalt. Mariens rechter Arm und vor allem die Füßchen des Jesuskindes sprengen diesen Raum. Begegnung zwischen Kind, jung, erwachsen und alt, Begegnung zwischen Gott und Mensch, zwischen Israel und der Kirche.
 

Das Bild von Mantegna drückt auch die Begegnung zwischen den Geschlechtern aus, Kind - erwachsen - alt. Es gibt kaum ein schöneres Bild dafür, und auch kein schöneres Fest. Natürlich ist im Festgeheimnis vor allem die erste öffentliche Begegnung Jesu mit seinem Volk Israel gemeint. So standhaft wie Maria hier ihr Kind hält, "dieses Kind - mein Sohn!" - so wird sie es auch oft mit Schmerzen hergeben müssen. Eine starke Frau, meisterhaft dargestellt und einprägsam für die Meditation.

 

Holbein - Darstellung Jesu im Tempel
Prachtvolle Darstellung Jesu im Tempel von Holbein deim Älteren (1501)
Josef mit Kerze und Rosenkranz, die zwei Damen mit den Tauben im geschürzten Kleid


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