Ikone Maria Wegweiserin
Ikone in Neumarkt (Hubert Piccolruaz 2010)
Maria steht uns frontal gegenüber, neigt Jesus liebevoll den Kopf zu und zeigt mit der Hand eindrucksvoll auf ihn: „Auf ihn sollt ihr hören!“
Sie hält Jesus im Arm, oder besser gesagt: er schwebt vor ihr. Wie ein Erwachsener gestikuliert er mit den Händen. Die Rechte predigt seinen Namen („namenzeichnender Gestus“ IC XC), die Linke hält die Schriftrolle der Frohen Botschaft. Jesus ist das Wort der unaussprechlichen Geheimnisse Gottes und das Bild des unsichtbaren Gottes.
Die Heiligenscheine sind liebevoll gestaltet. Bei Jesus stehen drei griechische Buchstaben drin, ho Ohn, der Seiende. IC XC („Jesus Christus“) und MP Theoù („Mutter Gottes“) bezeichnen Namen und Rang.
Mittig im Heiligenschein bekommen die Köpfe eine feste Position. Aus goldenem Hintergrund sticht das Bild hervor, aus der Ewigkeit des Himmels. Nichts ist zufällig, alles und jedes hat seine Farbe und Form.
Jesus berührt mit seinem Heiligenschein das Viereck des Goldgrundes; das Viereck deutet den Acker des Lebens an, durch die Vertiefung im Holz wurde dies in Russland noch unterstrichen. Der Kreis bedeutet die fehlerlose Fülle Gottes, sie sprengt die Natur und weitet sie aus.
Die Gesichter sind von großer Zartheit und Milde, wie sie auf russischen Ikonen zu treffen sind (flüssig angerührte Farben). Die Kleider erinnern an griechische Malweise (mit festeren Farben an der Staffelei gemalt). An den Kleidern sind treppenförmig sieben Aufhellungen zu erkennen, die Licht spenden. Jede Ikone wird von den dunkeln Farben hin zum Licht gemalt, dieses Licht schenken hat eine tiefe Symbolik.
Das Hemd Mariens ist grün gehalten, das ist wie grünblau und bräunlich eine irdische Farbe. Der wunderschöne Mantel in roter Farbe zeigt die göttliche Gnade an, die ihr zuteil geworden ist. Rot, weiß und gelb stehen für echtes Gold. Also Maria von Natur aus ein Mensch, mit der Gnade Gottes eingehüllt – Jesus trägt meist umgekehrt helle oder purpurne Kleider am Leib und einen irdisch farbenen Mantel als Umwurf. Drei goldene Sterne schweben vor Stirn und Schultern Mariens – „Jungfrau vor der Geburt, in der Geburt, nach der Geburt“.
In der Haltung der Füßchen Jesu erkennt der Ikonenfreund das Kreuz. Das Kind kreuzt die Beinchen und verliert vor Schreck eine Sandale – ein Hinweis auf sein irdisches Schicksal.
Maria, die Liebkosende
Es gibt zwei Grundtypen der Marienikonen: Maria die Wegweiserin (ihre Rechte zeigt energisch auf Jesus hin) und Maria die Liebkosende. Von beiden Ikonen gibt es unzählige Spielarten, z.B. die Donskaja und die Korsunskaja. Wenn ich die Ikone der Gottesgebärerin gebührend verehre, reihe ich mich unter die Millionen Gläubigen ein, die vor diesem Bild gebetet, geweint und gehofft haben. So gibt es Ikonen bis mit 240 Mariendarstellungen – ein Bild von Allerheiligen der Marienverehrer.
Maria, die Liebkosende
russisch 1800
Maria und ihr Kind bilden eine Einheit. Gesichter, Hände, Kleider gehen ineinander über. Vor allem aber ist es der Reiz der Augen, der Nasen und des Mundes, der den Betrachtenden betörend. Es sind wie magische Kreise, die ineinander übergehen und ein einziges Liebesspiel sind. Oft hält Jesus die Schriftrolle in seiner Rechten unter dem Kinn, Gottes Wort.
Das rote Mantelkleid Mariens umschließt das weiße Kleid ihres Kindes. Rot, Weiß und vor allem Gold sind göttliche Farben, sie umschließen das dunkle, irdische Unterkleid Mariens. Auch setzt sich der goldene Heiligenschein gegen die irdische Hintergrundfarbe durch. Klar und einfach die Beschriftungen („Mutter Gottes“ und „Jesus Christus“) sowie die Jungfrauensterne auf Stirn und Schultern, („Jungfrau vor-, in- und nach der Geburt). Das perlenbesetzte Kleid der Gottesmutter ist der einzige Schmuck – statt Zepter und Krone sehen wir die ganze Glückseligkeit einer liebenden Mutter. „Guancia a guancia“ heißt dieser Ikonentyp im Italienischen, Wange an Wange. Wir schauen und gehen ein in das Bild.
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