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Echte Ikonen – Fenster zur Ewigkeit
Die Ikone ist ein Kultbild der Ostkirche. Es wird in den Kirchen vor allem im Gottesdienst verwendet, es schmückt die Wohnungen und wird auf Reisen mitgenommen. In der Kirche gibt es die Ikonenwand, in der in einigen Reihen übereinander Jesus und Maria, die örtlichen Heiligen sowie die Geheimnisse des Kirchenjahres dargestellt werden. In den Häusern der Gläubigen finden die Ikonen vor allem in der roten Ecke im Südosten der „Stube“ Platz, im Herrgottswinkel würden wir sagen, der rot, das heißt schön gestaltet wird.
Rechts: Ikonenkurse Gschnon, Materialien
Nach ostkirchlicher Auffassung ist im Bild das Heilige selbst gegenwärtig. Auch das Zeitungsbild einer Ikone wird verehrt, wobei der Gläubige solche Ikonen „in der Verbannung“ empfindet. Dies gilt auch für Museen, geschweige denn in Häusern von ungläubigen Sammlern – für solche Ikonen wird Fürbitte eingelegt. Für ein Brautpaar z.B. stellt der Brautvater das Holz und das Gold, die neue Familienikone wird gemalt und im Kloster geweiht, dann in die rote Ecke gehängt. Auf der Hochzeitsikone ist immer Jesus und/oder Maria dargestellt, am Rand die Familienheiligen. Vor die Ikone wird oft ein schöner Baldachin gezogen; herrscht schlechte Stimmung in der Familie, wird die Draperie geschlossen, vor einer Ikone kann man doch nicht streiten!
Es gibt vor allem Ikonen Jesu und seiner allheiligen Mutter Maria. Dann auch von allen Heiligen des reichen Heiligenhimmels, Ikonen der Heilsgeheimnisse, vor allem der zwölf großen Hauptfeste im Kirchenjahr. Da die Ikonen der Verehrung und dem Gebet dienen, sind sie meist klein auf Augengröße gemalt. In den Kirchen gibt es auch größere Bilder.
Ikonen werden fast immer auf alte und dicke Holzbretter gemalt, die vorher sorgfältig vorbereitet werden. Das Holz wird tief geritzt, mit Hasenhaut- oder Fischleim bestrichen, mit einem Leinentuch eingeleimt sowie dann etwa achtmal mit einer Leim/Kreide bestrichen, je nach Ortschaft. Das Malbrett wird sorgfältig poliert, zum Schluss mit der Hand gestrichen, um eine innige Verbindung mit dem Brett zu erreichen. Leider werden solche Vorbereitungen heute oft chemisch vereinfacht, für echte Ikonen nicht vorstellbar. Jetzt wird die Zeichnung angebracht bzw. von einer bestehenden Vorlage kopiert. Dieses Muster wird geritzt, damit die „Rhiza“ auch später die genauen Linien des Bildes durch die Farben hindurch anzeigt. Nun beginnt die eigentliche Malerei.
In der Regel beginnt man mit der Vergoldung, je nachdem Öl- oder Glanzvergoldung. Besonders die Heiligenscheine müssen ganz glatt sein. Ein heikles Unternehmen, immer nach uralten Rezepten. Das Gold wird bis 1/400 mm Dicke von der Maschine vorbereitet, aber dann mit Handarbeit in Büchlein (mit Hämmern bis zu 25 kg; diese sind mit dem Blinddarmfell eines jungen Ochsen bespannt) bis zu 1/1600 mm geschlagen.
In der Regel beginnt man mit der Bekleidung und dann mit dem Inkarnat. Aber auch Berge und Häuser haben es in sich! Die Farben werden mit einer Mischung von Eigelb und Wasser (eins zu vier, aber hin bis zu zwanzig) angemacht. Das heißt man Eitempera. Die Farben bestehen aus verschiedenen feinst gemahlenen Erden und Metallen, ein nie endender Redestoff unter Ikonenmalern. Die russischen Ikonen werden eher nass gemalt, die griechischen Ikonen mit dickerer Farbe an der Staffelei. Die echte Eitempera ist nicht beim ersten Mal deckend, sondern muss etwa dreimal aufgetragen werden. Erst wenn die einzelnen Farben stehen, kann mit den Aufhellungen begonnen werden. Während die abendländische Malerei meist abdunkelt, wird die Ikone vom Dunkeln zum Licht hin gemalt! Die drei, fünf oder mehr Aufhellungen ergeben die Qualität einer Ikone.
Ähnlich wird dann mit dem Inkarnat vorgegangen, also mit Gesicht, Händen und Füßen. Je deutlicher die Ikone fortschreitet, umso mehr wird das Original verlassen und muss der individuelle Ausdruck zur Geltung kommen. Wie oft fragt der Ikonenmaler sein Bild: „Du bist jetzt so schön – könnte ich dich noch schöner machen!“ Erst nach der Beschriftung ist die Ikone vollendet, denn Gott zeigt sich in Jesus durch das Wort und Bild in einem lebendigen Anblick. Der Auftrag eines Firnis (z.B. Schellack ...) ist eigentlich nicht nötig, wenn die Malerei schön und sauber ausgeführt wurde. Manche Ikonenmaler tauchen ihre Ikonen nach monatelanger Trocknung der Farben in gekochtes Leinöl und lassen sie mit der Malseite nach unten eine Nacht lang darin schwimmen. Dann wird sie mit Trocknungspapier (auch Zeitung) vorsichtig gesäubert und einen Monat lang gegen Staub gut verschlossen aufbewahrt. Dies soll die Oberfläche gegen eventuelle Schäden härten.
Bleibt noch nachzutragen, wie diese Kunst entstanden ist. Die späteren ägyptischen Pharaonen in Ägypten ließen auf die Gesichtspartie ihrer Mumien ein Temperabild legen, das den Toten in großem Realismus zeigte. Diese Tempera wurde mit heißen Wachsfarben verrührt, so sind auch in Ikonen bis ins das 6. Jahrhundert übernommen worden. Sie sind heute noch frisch wie damals! Die Römer übernahmen diese realistische Malpraxis, die Griechen verfeinerten sie. So entstanden auch die ersten Ikonen – leider sind durch den Bilderstreit im 8 Jahrhundert (Bildfeindlichkeit der Juden und des aufstehenden Islam spielten eine große Rolle) fast alle verloren gegangen. Im 8. Jahrhundert setzte sich die Eitempera durch, bis heute. Hauptentstehungszeit sind das 14./15. Jahrhundert sowie nachher regionenbedingt verschiedene Ikonenschulen.
Muttergottes die Liebkosende, Schule von Ritzos (Kreta 15. Jh)
Nach der Eroberung von Byzanz 1453 durch die Türken sind viele Ikonenmaler nach dem Westen geflohen, nach Kreta, Italien, Spanien usw. Sie haben dort „in maniera greca“ oder „in maniera italiana“ weiterhin Ikonen gemalt, die für uns heute zu den schönsten überhaupt zählen (siehe oben). So ist es auch heute: nach der sowjetischen Christenverfolgung gibt es in Russland jetzt wieder einen Aufschwung an neuen, wertvollen, treu nach überkommener Manier gemalten Ikonen.
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