Vgl. Fra Angelico und Rogier van der Weyden - Verkündigung

Mariens Verkündigung - Ikone

Maria Verkündigung - Ikone
Verkündigung an Maria, Ikone von Ohrid, Anfang 14. Jh.

 

Eine schöne Ikone aus Ohrid (Makedonien)
 

Makedonien gilt als Verbindungsstelle zwischen griechischer und slawischer Ikonenmalerei. Auf den ersten Blick fallen auf die beiden großen, hehren Gestalten sowie im Hintergrund ein Wirrwarr an Gebäudeteilen.

Auf königlichem Thron residiert Maria, die Jungfrau aus Nazareth, auf einem herrlichen Thron. Der Vorhang ist vom Baldachin weggezogen und ein rotes, schönes Fahnentuch verbindet das Haus Mariens mit dem einfachen Holzhaus des Josef (zwei Balken statt des Ganzen). Maria sitzt auf einem roten Polster, die Füße ruhen auf einem schön gezierten Podest. Typisch ist die rechte, zugleich abwehrende und einladende Hand Mariens: „Ja, doch wie soll das geschehen …“

Der Bote trägt als Kennzeichen seines Herrn ein Diadem im Haar (das Band der Schleifen ist gut zu sehen) sowie den Botenstab und eine Armbinde. Er stößt mit seiner rechten Hand nach vorne, der Ringfinger ist nicht zu sehen, weil er mit Daumen und Ringfinger ein X macht, ein griechisches Ch, mit allen Fingern IC XC (Jesus Christus, namenzeichnender Gestus). Dramatisch das Geschehen der Verkündigung, das wir im Westen eher idyllisch und intim verstehen.

 

Der linke Arm Mariens ist herabgefallen, die Hand hält eine Spindel mit rotem Garn – der Faden sollte über die rechte Hand laufen. Die Verkündigung der Kirche: Bete und arbeite! In späteren Bildern hat Maria lesen gelernt (aus einem kostbaren Buch) und noch später ist hinter ihr ein ganzes Bücherregal angebracht, Bildungsfortschritt der Jahrhunderte! Maria ist mit einem großen purpurnen Mantel bekleidet, vor Stirn und Schultern die drei Jungfrauensterne „Jungfrau vor/in/nach der Geburt“.

Stürmisch tritt der Engel herein, auf seinem eigenen Podest. Sein Platz ist im Himmel, wo er höchstens leichte Sandalen für die Schönheit braucht. In den Ikonen gibt es keine Innendarstellungen von Räumen, diese werden dahinter von außen dargestellt. In einem vornehmen Palast mit Marmorsäulen geschieht die Begegnung, der Würde des Geschehens angemessen. Der stürmische Schritt und der flatternde Saum des Kleides sind außer beim Engel der Verkündigung nur beim auferstandenen Jesus zu sehen! Der Flügel steht nach oben, die Bewegung des Gemütes wird durch die Bewegung des Kleides ausgedrückt.

Zwischen Engel und Maria – ein kleines Grab im Boden! Dieser Hinweis auf das Leiden Jesu fehlt auch auf der Weihnachtsikone nicht. Besonders für den Ikonenmaler auffällig in diesem Bild: die umgekehrte Perspektive. Wenn wir die Fluchtlinien verlängern, treffen sie sich im Auge des Betrachters, nicht hinten in der Ferne.

Verkündigung von Ustjug
Nowgorod um 1140

 

Verkündigung Ustjug Nowgorod
Streng, archaisch, alle Bewegung auf das Wort eingeschränkt,
sprechender Raum zwischen Augen, Mund und Hände
n

 

Fachgerecht restauriert ist diese Ikone, aber mit allen Zeichen des hohen Alters damals in Russland. Die Farben des Hintergrundes sowie das Gold der Heiligenscheine ist abgeblättert, deutlich sichtbar die einzelnen zusammengeleimten Bretter sowie das wenige Millimeter ausgehobene Fenster für die bildliche Darstellung. Im Himmelssegment oben der zeitlos thronende Christus, umgeben von seraphischen Engeln der Liebe und Barmherzigkeit.

Einzigartig bei dieser Ikone: Maria schaut einladend den Betrachter an, nicht den Engel Gabriel mit seiner Botschaft, und ihre Hände wesen auf die Aufgabe hin: beten mit ihr, arbeiten für Ihren Sohn, Gottes Wort in unserer Welt.
Wie bei der "Gottesmutter des Zeichens" schwebt das Kind vor ihrem Leib, gemäß Jesaja 7,14: "
Darum wird euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel (Gott mit uns) geben."

 

   Gottesmutter des Zeichens - Znamenje  
Mutter Gottes Znamenje - volkstümlich "des Zeichens"   

Die Sonderform der "Muttergottes des Zeichens" bezieht sich auf die Stelle bei dem Propheten Jesaja 7,14: "Seht, der Herr selbst wird euch ein Zeichen geben. Die junge Frau ist schwanger und wird einen Sohn gebären. Sie wird ihm den Namen Emmanuel geben, Gott ist mit uns." Die junge Frau - war ursprünglich die junge Königin gemeint, so wurde von den Christen dieses Wort auf Maria bezogen. Wie in einem goldenen Schild schwebt das ungeborene, fürstlich bekleidete Jesuskind vor ihr.  Ihre Hände sind in Orantenhaltung geöffnet, in der Regel weisen drei Sterne (Kopf, Schultern lins und rechts) auf ihre Jungfräulichkeit hin.

Ursprünglich ein Bild in Konstantinopel, wurde es später vor allem in Russland hoch verehrt und bei Seuchen oder Kriegen feierlich erhoben.

 

 

S. Maria Trastevere
Verkündigung in Santa Maria Trastevere (Pietro Cavallini, vor 1300)
Für Maria ein fast "päpstlicher" Thron, aber Inkarnat und Kleidung schon auf die Renaissance weisend.
Die "umgekehrte Perspektive" der Ikonen ist hier noch beibehalten!


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