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Fra Angelico - Verkündigung Mariens
Fra Angelico - Verkündigung an Maria, San Marco Firenze 1440
„Du wirst ein Kind empfangen!“
Zwei Darstellungen der Verkündigung
aus der Mitte des 15. Jahrhunderts im Vergleich
Fra Angelico - Verkündigung an Maria: ein intimes Bild aus dem Leben Mariens, im Mittelalter oft mit dem Bild der Begegnung mit Elisabeth gekoppelt (Jesus und Johannes). Der Schauplatz ist eine auf zwei Seiten offene Säulenhalle in der damals modernen Zentralperspektive (Fluchtpunkt ist der Mund des Engels). Mildes Licht aus der Gegend, woher der Engel kommt, es erleuchtet den Raum. Der Engel und Maria befinden sich zum ersten Mal nicht mehr auf einer Ebene, sondern in der Diagonale des Ortes. Ionische und korinthische Säulen markieren die wichtigen Teile des Raumes, der ohne jede weitere Zier ist, ohne Taube und ohne Beifügungen für Engel oder Maria.
Detail - unglaublich ruhig und achtsam
Maria sitzt in der Haltung der Demut und Ergebenheit mit gekreuzten Armen auf einem wuchtigen hölzernen Sessel ohne Lehne. Eindrucksvoll und unaussprechlich schön die Begegnung der Gesichter, Augen und Mund, der gekreuzten Arme, bei Maria die Offenheit des Körpers in weißem Kleid unter dem dunklen Mantel. Ehrfurcht, Hochachtung, Demut prägen die Atmosphäre. Das Bild lebt von der Wertschätzung aus gotischer Zeit und ist in seiner menschlichen Offenheit schon ganz Renaissance. Eine Tür zu Betrachtung und Meditation, angedeutet im Hintergrund der Begegnung.
Zwischen Loggia und Außenwelt gibt es einen deutlichen Kontrast, hell und dunkel, intim und verwildert. Links und im Hintergrund ist ein üppiges, dunkles Grün zu sehen. Ein mächtiger Palisadenzaun grenzt einen geschlossenen und blumenreichen Garten von einer ungepflegten Wildnis ab. Diesen Zaun finden wir auch auf vielen Bildern eines modernen Malers, Marc Chagall, der dadurch sein „Schtädtel“ schützt, Innenhof und Stube. Frau Angelico kannte die mittelalterliche Symbolik Mariens als verschlossenes Paradiesgärtlein, in dem Lilien der Reinheit und rote Rosen der Barmherzigkeit blühen: „Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut, ein verschlossener Garten, ein versiegelter Quell“ (Hld 4,12).
Das Fresko trägt folgende Inschrift: „Gehst du an diesem Bild vorbei, vergiss nicht, ein Ave zu beten.“ Im Gebet, vor allem in Betrachtung und Meditation, geschieht eigentlich dasselbe wie im Bild: Gott spricht zu uns, und wir geben Antwort: „Mir geschehe nach deinem Wort.“ Vertrauen haben, auch über Wissen und Verstehen hinaus, sich dem Leben öffnen, Gott einlassen und sich ihm zur Verfügung stellen. Maria empfängt ein Kind, die Kraft des Höchsten wird sie überschatten. Ihr Kind wird heilig und Sohn Gottes genannt werden (Lk 1,26-38).
Ist die Verkündigung ein stiller, geheimnisvoller, innerer Vorgang, so ist der Lobgesang Mariens bei Elisabeth mächtig und kraftvoll, ja mit revolutionären Gedanken: Was groß tut und hoch scheint, wird niedrig werden, die Hungernden werden satt und die Reichen gehen leer aus. Maria traut im Magnifikat Gott zu, dass sein Reich kommt und dass auf Erden sein Wille geschieht.
fra Angelico Verkündigung, Prado
Fra Angelico, Verkündigung von Prado (neu restauriert)
Unten: Detail des Gartens - Fleiß und Können für jede Winzigkeit
Herrlich und unglaublich frisch die Farben dieses Bildes, vor 600 Jahren in Tempera auf Holz gemalt. Wieder kostbare Farben (Lapislazuli und Gold), Der Engel eher stürmisch, Maria beugt sich zum Ja-Wort. Der Fluchtpunkt wieder im Fensterchen des Raumes, der diesmal offen steht mit seiner einfachen Einrichtung.
1611 kam das Bild nach Spanien, 1861 wurde es in einem Frauenkloster in Madrid "wiederentdeckt" und kam in den Prado. Durch die Restaurierung ist wieder der ursprüngliche Glanz aufgeleuchtet.
Sinnvoll und wunderschön wurde der verschlossene Garten geöffnet dargestellt - zur Vertreibung der Menschen aus dem Paradies. Das Bild atmet schon ganz den Geist des Rinascimento in Italien, als Beginn der Moderne gefeiert.
Fran Angelico erlebt noch die Anfänge der italienischen (und europäischen) Renaissance, damit ein neues Zeitalter, das bis zur Klassischen Moderne ab 1970 in Frankreich geht. Der Mensch als solcher steht nun mit seinem Geist und mit seinen Gefühlen in der Mitte der Betrachtung. Auch alles, was heilig und für die religiöse Verehrung bestimmt ist, bekommt menschliche Züge. Dabei gilt als Vorbild die griechische Kunst und das römische Erbe, das die mittelalterlichen Ideale fast mühelos ablöst. Die Bewunderung dieser neu erstandenen Zeit ("Renaissance") wird ungebrochen bleiben für alle Zeit.
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Campin Robert - Meister von Flémaille
Maria bürgerlich alltäglich
Robert Campin - Meister von Flémalle (+1444)
Früher flämischer Meister. Beobachtungsgabe, plastische Ausformung und Raumtiefe!
Maria liest fasziniert in kostbaren Büchern (offene Handschrift!) - an der Schwelle zum Buchdruck.
Eines der ersten Bilder, wo Verkündigung in einem bürgerlichen Zimmer geschieht.
Z.B. rechts die Bank, die im Winter wegen des Ofens weggeschoben wurd,
wegen der Enge des Raumes und der sorgsam ausgewählten Einzelheiten.
Sehr menschlich der Engel - ohne Hoheitsinsignien (Diadem, Stab, Stola).
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