Joan Miró - Das Lächeln
mit flammenden Flügeln
Joan Miró - Das Lächeln mit flammenden Flügeln (1954)
Als ich dieses Bild zum ersten Mal sah, hat es mich sofort fasziniert, aber ich wusste nicht warum. Ich klebte es an meinen Büroschrank - und nach 2 Jahren begann es plötzlich zu sprechen! Es ärgerte mich, denn es sagte, was ich nicht bin: der dicke, rote Kopf bist du! Das andere sind Zutaten, was etwas beziehungslos um dich herum geschieht. Und vor allem der dicke Leib, das ist dein Körper, dein Inneres, planlos angestopft mit Vielem. Und deine Hände sind stumpf, die feinen Striche konntest du nie fassen!
Langsam konnte ich mich von dieser Isolierung lösen, es geriet alles miteinander in Beziehung, es gab keinen autoritären Schwerpunkt mehr - aber eine warme Decke hüllte mich ein. Und das ganze Bild begann zu sprechen, zu vibrieren. Mein farbiges, inhaltsreiches, feines und vielfältiges Leben auf eher einfachem und grauem Hintergrund.
Mein Glücksstern unten rechts ist blau, klar geformt und geerdet. Das ist für mich ein wichtiges Detail, sozusagen die eigentliche Aussage, das Ergebnis. Der Stern ist nicht harmonisch, sondern frei geformt. Blau bedeutet Sehnsucht, Ferne, Geist und Himmel! Er steht als meine Unterschrift, in einem Zug dahin gesetzt. Das kleine Sternchen oben links gehört Miró, es interessiert mich (noch) nicht.
Der Kopf ist so gemalt, wie ich ihn ganz gewiss nicht habe. Es ist nur ein Gedanke, rund und rot. Rund heißt ohne Anfang und Ende, ich habe weder zum Einen noch zum anderen viel Bezug. Ich fühle da eher fernöstlich, ewig, überall, in einer nicht gebastelten Welt. Rot ist stark, Blut und Feuer, Kraft und Energie. Ich aber, ich bin aus Rund und Rot herausgefallen! Ich lebe in den Beziehungen rund herum! Und die sind alle offen, ausgestattet mit Fühlern.
Joan Miró - Das Lächeln mit flammenden Flügeln: Der Rumpf links unten ist nicht mein Körper, sondern mein alltägliches banales Leben. Schrecklich! Unförmig! Es ist der aggressive Teil des Bildes, der allem anderen gegenübersteht. Vor allem der schönen, bunten und bewegten großen Form oben rechts. Oben und rechts bedeutet für mich Glück und Heil, die vielen bunten Felder dieser Form sind Fülle und Reichtum, die ausstrahlenden Linien deuten Feinfühligkeit und Suchen an. Und zwei Augen ...
Diese Form, diese weiche bunte Decke bedeutet für mich eine Person, nicht einen Inhalt. Ist es die geheimnisvolle Frau meines Lebens, der ich durch meine freie Entscheidung zu einem Leben als Ordensmann und Priester nie begegnet bin?
Nicht Mitarbeiterin oder Hilfesuchende, nicht Partnerin sondern Lebensgefährtin, sondern das von mir nicht erlebte "ein Fleisch" in der Sprache der Bibel, ein Herz und eine Seele? Königlich also im Sinn der Ostkirche, wo Neuvermählte mit einer goldenen Krone geschmückt, gezeichnet, erhöht werden. So kann und soll es sein und bleiben, ich liebe jedenfalls dieses Bild! Und ich achte jene Frauen, in denen ich dieses Bild leibhaftig zu sehen und mit einem Lächeln die Flammenflügel zu erkennen glaubte!
Rechts unten sehe ich das Vorspiel zur fruchtbaren Spannung im Hauptteil, leichte mädchenhafte Figuren, ein schönes und faszinierendes Spiel des Lebens. Aber es ist wie im Ballett ein Tanz der Elfen oder der Einzug kleiner Schwäne - gesehen aus der Perspektive meiner Jugendjahre im Kloster.
Die vier Bildelemente berühren sich nicht! Der rote Kreis ist unberührbar, das Jugendspiel unten rechts noch zeitlos und aus dem Augenblick heraus gestaltet. Aber zwischen unten links und oben rechts gibt es Beziehung, Begegnung, Leben - und auch Spannung!. So wird das Bild zu einem Buch und zu Musik, zu Lyrik und Epos. Unglaublich, unfassbar, reich und voller Seele wie wirkliches Leben.
Miró - Die melancholische Sängerin Miró - ballerina
Vielleicht fragen Sie mich: "Als Ordensmann und Priester den Beruf verfehlt? Zölibat? Unglücklich ohne Frau, ohne Familie und Kinder?" Vielleicht fragen Sie nach dem Lesen dieser Besinnung genau dies.
Ich antworte Ihnen offen: Es war nie eine leichte Sache, aber ich habe mein Leben bewusst entschieden, angenommen und bin damit froh und erfüllt. Ich nenne Ihnen dafür vier Gründe.
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Die endgültige Entscheidung erfolgte nicht beim Ordenseintritt oder vor der Priesterweihe, sondern nach einer persönlichen Krisenzeit mit etwa 30 Jahren (übrigens - geht es Eheleuten nicht oft ähnlich?). Der Entschluss von damals wurde durchgetragen, auch durchlitten, er gilt auch noch für heute und morgen.
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Ich lebe nicht allein, sondern in einer Klostergemeinschaft von Brüdern (und im Kontakt mit Frauen!) - dies ist oft schwer genug, aber im Grunde heilsam, erfüllend und rundum gesund.
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Schließlich habe ich immer in der offenen Seelsorge gearbeitet, dadurch bin ich bis heute vielen Frauen begegnet und habe viel Nähe, Sympathie, Zuneigung und Weiblichkeit erfahren. Meine Grundstimmung ist Dank, Dank und nochmals Dank dafür.
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Sowohl in meinem Leben als Seelsorger als auch in pastoraler Verantwortung hätte ich nie ohne die Partnerschaft mit einer Frau gearbeitet Und dies fiel mir immer leicht, es war beglückend, befruchtend, befreiend.
An diesem Beispiel zu erkennen:
Meditationskern - austauschbar? Ja!
Bei der Betrachtung eines Kunstwerkes ist es ist für mich wichtig und bereichernd, wenn ich von der Absicht und der Ausführung des Künstlers weiß. Seine Deutung und Auslegung ist für mich wie der Wortsinn der Bibel, echte und wahre Aussage. Doch auch ein biblisches Gleichnis oder das Wort eines Propheten kann sich mir in der Meditation neu erschließen, ja der Reichtum von Gotteswort bliebe sonst eine verschlossene Schatztruhe, eine verlorene Perle.
In der Meditation kann sich uns ein Kunstwerk neu erschließen, wie ein Musikstück bei der Aufführung durch einen neuen Dirigenten und ein neues Orchester. Wir sprechen von einem Meditationskern, dem wir folgen und der uns erfüllt. Jedes Kunstwerk ist reich an mehreren Meditationskernen, die sehr persönlich und zeitbedingt sein können. Ich spreche nicht von oberflächlichen Einfällen und "Ich meine - Körnern". Wohl aber von einem Reichtum an Aussage und Botschaft, von Stimmung und seelischer Tiefe, der jedem Kunstwerk eigen ist. Es braucht Ohren zum Hören und Augen zum Sehen, vor allem aber Interesse und Offenheit, Bildung und Kultur, wie ein kostbarer Ackerboden, in dem tägliche Mühe gräbt und hegt. Wahrer und echter Meditationskern, nicht Körner als Vogelfutter!
Abstrakte Kunst - ich liebe solche Bilder. Einerseits gehen sie in die Weite, fast ins nendliche,
wenn sie sich einem in geduldiger Meditation erschließen, gehen sie in ungeahnte Tiefen.
Melancholische Sängerin, abstrakte Bilder, Miró - Blu II (1962), Rote Sonne, Miró,
Lächeln mit flammenden Flügeln, Die melancholische Sängerinmeine Biographie in einem Bild, Spiegelbild des Lebens
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