Georges Rouault - Passion

 


Georges Rouault, Passion - Geißelung 
(
Notre-Dame de Tour Grâce d'Assy 1950)

 

Der Ausschnitt "Geißelung" aus dem Glasfenster in der berühmten Kunstkirche von Assy (Haute-Savoie, mit Blick zum Mont-Blanc) gibt den Charakter der Spätwerke von Georges Rouault besser wider als manche Ölbilder zum Thema Leiden und Passion. Im etwas zerrissenen Lebenswerk des fronzösischen Malers (1871-1958) bildet die ikonenhafte Strenge und intensive Leuchtkraft dieser religiösen Sujets einen Höhepunkt, und zwar sowohl für den Künstler selbst als auch für das katholische Christentum seiner Zeit.

Rouault hatte betätigte sich in seiner Jugend fünf Jahre lang in einer Glasmalerlehre bei einem Restaurator für Kirchenfenster in Paris. Dies sowie seine Vorliebe für das Mittelalter spürt man in seinem Einsatz für christliche Themen und Fragestellungen, die er in ausdrucksstarken Bildern von großer Leuchtkraft und klarer, schwarzer Kontur schuf.

Seine Christusbilder der Passion vor allem zeigen Jesus als leidenden Bruder, der solidarisch ist mit den leidtragenden Ausgegrenzten der Welt. "Immer ist Christus in der Vorstadt, immer durchdringt die Gnade Elend und Pein der Menschen" hat er einmal sich ausgedrückt. Er hat auch nie eine leidenschaftliche moralische Deutung als Ziel seines Werkes verleugnet. So sind seine originellen Bilder auch heute noch bei allen meditierenden und sich engagierenden Menschen beliebt.

Im gekreuzigten Christus sahen einige große Künstler der Moderne den über die Jahrhunderte eingeprägten Typus des Ausdrucks menschlicher Qual. Eine der Ausnahmen ist Georges Rouault: das Leid ist zu einem Bild geronnen, in harte schwarze Felder eingezwängt bleibt das Schicksalhafte des Todes, die leuchtenden Farben aber künden Licht, Ruhe, Frieden.


Unsterblich die Übertragung von Paul Gerhardt  "O Haupt voll Blut und Wunden (1656)

und die Fassung in der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach (+1750)

 

O Haupt voll Blut und Wunden - Bach Noten
 

 

Salve, caput cruentatum

Arnulph von Löwen († 1150)

 

1.  Salve, caput cruentatum,
totum spinis coronatum,
conquassatum, vulneratum,
arundine verberatum,
     facie sputis illita.
salve, cujus dulcis vultus,
immutatus et incultus,
immutavit suum florem,
totus versus in pallorem
     quem tremit coeli curia.

 

4.  Tuae sanctae passioni
me gauderem interponi,
in hac cruce tecum mori:
praesta crucis amatori,
     sub cruce tua moriar.
morti tuae tam amarae
grates ago, Jesu chare;
qui es clemens, pie Deus,
fac quod petit tuus reus,
     ut absque te non finiar.

 

5.  Dum me mori est necesse,
noli mihi tunc deesse;
in tremenda mortis hora
veni, Jesu, absque mora,
     tuere me et libera.
cum me jubes emigrare,
Jesu chare, tunc appare:
o amator amplectende,
temetipsum tunc ostende
     in cruce salutifera.

 

Wörtliche Übersetzung 

Von Michael Charlier

 

1.  Sei gegrüßt, blutbeflecktes Haupt,
ganz mit Dornen bekrönt
zerschunden und verwundet,
mit dem Rohrstock geschlagen
     das Gesicht von Spucke beschmutzt.
Sei gegrüßt, dessen süßes Gesicht
ganz verwandelt und ungestalt
seine Blüte ganz entstellt
hin zu einer Leichenblässe
     die den himmlischen Hof erschüttert.

 

4.  Deines heiligen Leidens
lass mich mit Freuden teilhaftig werden
an diesem Kreuz mit Dir zu sterben -
gewähre mir als Verehrer des Kreuzes
     daß ich unter deinem Kreuze stürbe.
Für deinen so bitteren Tod
sage ich dir Dank, lieber Jesus
der Du ein so gütiger und treuer Gott bist
gib, was dein Schuldner erbittet:
     daß ich nicht fern von Dir enden möge.

 

5.  Wenn ich dann sterben muss,
dann sei mir nicht fern
in der furchterregenden Stunde des Todes
komme, Jesus, ohne Verzug,
     beschütze und erlöse mich.
Wenn Du mir befiehlst, (die Welt) zu verlassen,
Lieber Jesus, dann erscheine
als Liebender zur Umarmung
und zeige Dich mir dann
     im heilbringenden Kreuz.

 

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